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Charakterisierung der wichtigsten Personen 

Johann Wilhelm Möbius
Er hat als Physiker mehrere große Entdeckungen gemacht und „das System aller möglichen Erfindungen“, die einheitliche Feldtheorie als Weltformel entwickelt. Da er sich der fatalen Folgen seiner Erfindungen bewusst ist und die Verantwortung dafür nicht übernehmen kann, stellt er sich wahnsinnig und lässt sich ins Irrenhaus einliefern, um die Menschheit nicht zu gefährden. Er gibt vor, seine Erfindungen von Salomo offenbart zu bekommen, der sich für ihn vom ehemals weisen Psalm-Dichter des Hohenliedes zum „armen König der Wahrheit“ gewandelt hat und „nackt und stinkend […] in [s]einem Zimmer [kauert]“. Der Psalm, den Möbius in einem umgedrehten Tisch hockend vorträgt, zeichnet ein düsteres Bild von den möglichen apokalyptischen Folgen wissenschaftlicher Erkenntnis. Beim Abschiedsbesuch seiner Ex-Frau Lina (die nun mit dem Missionar Rose verheiratet ist) gibt Möbius vor, sie und die drei gemeinsamen Söhne nicht zu erkennen, um es ihnen dadurch zu erleichtern, ihn zu vergessen. Wie sehr Möbius sich zur Rettung der Menschheit aufopfert, wird auch darin deutlich, dass er das Heiratsgesuch von Schwester Monika ablehnt, die sein Spiel durchschaut hat. Obwohl er sie ebenfalls liebt, bringt er sie um, um nicht in „Freiheit“ zu kommen und somit die Menschheit zu retten.
Da er fürchtet, von verschiedenen Mächten ausspioniert zu werden, verbrennt er seine wissenschaftlichen Manuskripte, ohne zu ahnen, dass die Anstaltsleiterin Fräulein Doktor von Zahnd bereits heimlich Kopien davon angefertigt hat.
Herbert Georg Beutler, genannt Newton, eigentlich Alec Jasper Kilton
Auch er ist Physiker und gibt vor, verrückt zu sein. Später stellt sich heraus, dass er zugleich Agent eines nicht näher benannten westlichen Geheimdienstes ist. Um Möbius bespitzeln zu können, musste er eigens Deutsch lernen und sich als Sir Isaac Newton ausgeben. Er versucht Möbius zu überreden, für die Landesverteidigung seines westlichen Staates zu arbeiten. Er verspricht ihm den Nobelpreis und mahnt ihn an seine Pflicht, seine Entdeckungen der Menschheit zu übergeben. Eine Verantwortung des Wissenschaftlers für seine Entdeckungen lehnt er ab, stattdessen schiebt er die Verantwortung der Allgemeinheit zu.
Ernst Heinrich Ernesti, genannt Einstein, eigentlich Joseph Eisler
Er ist der dritte der drei angeblich „verrückten“ Physiker. Auch er ist Agent, repräsentiert den zweiten großen Machtblock des Kalten Kriegs und bespitzelte Möbius. Er fordert diesen auf, sich für einen der politischen Blöcke zu entscheiden und ihm zu dienen. Er gibt zu, als Wissenschaftler in seinem System nicht frei zu sein und keine Möglichkeit der politischen Einflussnahme zu haben, und kann daher auch keine Garantie für die moralische Verwendung wissenschaftlicher Ergebnisse geben. Letztlich schiebt er die Verantwortung auf die politischen Machthaber ab.
Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd
Die 55 Jahre alte bucklige Irrenärztin, eine alte Jungfer, ist die Besitzerin und Leiterin des Sanatoriums und das letzte, scheinbar einzig normale Mitglied einer alten Adelsdynastie von reichen und bedeutenden Irren. Zunächst spielt sie die großzügige, menschliche Ärztin. Am Schluss fällt jedoch ihre Maske der scheinbar mütterlich fürsorglichen Samariterin, und sie gibt sich als eine machtbesessene, skrupellose einzige wirklich Wahnsinnige zu erkennen. Mithilfe von Intrige und Manipulation hat sie sich Möbius' genialer und gefährlicher Manuskripte bemächtigt und erweist sich als unkontrollierbare und bedrohliche dritte Macht.
Richard Voß
Er ist der typische Kommissar in Hut und Mantel, ein erfahrener und gebildeter Mensch, der etwas überarbeitet und berufsmüde wirkt. Er versucht zunächst Gerechtigkeit durch die Bestrafung der Mörder herzustellen, scheitert dabei aber an den verrückten Ordnungsbegriffen des Irrenhauses. Im zweiten Akt hat er die irren Maßstäbe akzeptiert und kann so ganz entspannt darauf verzichten, den Mörder unbedingt verhaften zu müssen.
Monika Stettler
Eine junge, enthusiastische Krankenschwester, etwas naiv und allzu optimistisch. Voller Empathie versteht sie ihre Patienten. Trotzdem fühlt sie sich in ihrem Beruf ausgenutzt, denn sie muss sich auch für Menschen aufopfern, die ihr nicht wichtig sind. Romantisch wie sie ist, möchte sie nur für Menschen da sein, die sie liebt. Sie pflegt seit einiger Zeit nur noch den fast 20 Jahre älteren Johann Wilhelm Möbius, durchschaut schnell seine Tarnung als Irrer und verliebt sich in ihn. Sie hält ihn für ein verkanntes Genie und erträgt nicht, wie er ihrer Meinung nach sein Potential ungenutzt lässt. Ihm zuliebe will sie ihre Stelle aufgeben und hat schon ein gemeinsames Leben vorbereitet und seine weitere Karriere geplant. In ihrer Vorfreude und Begeisterung merkt Monika nicht, wie wenig Möbius von ihren Plänen angetan ist. So fühlt er sich schließlich gezwungen, sie zu ermorden, um seine Erfindungen geheim zu halten.