Aufgaben

 

1.    Was erfahren wir über Hanna und die erste Begegnung? Bei der ersten Begegnung ist Michael krank und Hannah hilft ihm "fast grob" (S. 6). Sie ist also nicht eine zärtliche und fürsorgliche Mutter.

2.    Findet er Hanna schön? Antworte mit Begründung. Michael empfindet als Junge Hanna schön und beschreibt ihr schönes Gesicht. Er beschreibt aber auch, dass er das Bild dieser Schönheit im Nachhinein "rekonstruieren" (S. 14) musste, dass er es also nicht mehr scharf vor Augen hat. 

3.    Wie ist das Familienleben von Michael? Er lebt mit seinen Eltern und Geschwistern, einem älteren Bruder und einer jüngeren und älteren Schwester zusammen. Der Familienband ist nicht sehr eng. Mit dem Bruder verbindet er eine Konkurrenz, weil der in fast Allem besser ist. Seine jüngere Schwester ist frech und sein Vater lebt als Professor für Philosophie in seiner eigenen Welt. "Manchmal", sagt Michael, "hatte ich das Gefühl, wir, seine Familie, seien für ihn wie Haustiere."(S. 31)

 

  1. Wie entwickelt sich in den Kapiteln 11 und 12 die Liebesbeziehung zwischen Hannah und Michael?
  2. Warum ist Kapitel 13 im ersten Teil ein "Einschnitt" (S. 63)?
  3. S.67: "Der Sommer war der Gleitflug unserer Liebe". Beschreibe diese Entwicklung. 

 1.    Beschreibe die Person Michael. Der Leser lernt Michael als Jugendlichen kennen.  Michael ist ein überdurchschnittlich begabter Schüler, da es ihm gelingt, innerhalb von wenigen Wochen den für die Versetzung nötigen Unterrichtsstoff durchzuarbeiten.  Michael zeigt typische Merkmale eines pubertierenden Jugendlichen zu Beginn des Romans. Er lernt dann, wenn es sein muss (S. 36) und befindet sich in der Ablösungsphase von Elternhaus und Kindheit (S. 41, 32). Er ist sich seiner Person und seines Körpers nicht sicher, schämt sich bei seiner Krankheit, „so schwach zu sein“ (S. 6) und noch mehr, als er sich übergeben muss. Als Hanna ihm hilft und den Weinenden in den Arm nimmt, weiß er nicht, was er mit seinen Armen machen soll. Gleichwohl spürt er als erstes die Weiblichkeit Hannas. Sexuelle Wünsche und Lüste plagen ihn, der eine christlich moralische Erziehung genossen hat (S. 20), und verursachen Konflikte. Er gibt diesen Begierden dann nach und lässt sich älteren und erfahrenen Frau verführen. Unwissenheit, Unsicherheit und Angst („vor dem Berühren, vor dem Küssen, davor, dass ich ihr nicht gefallen und nicht genügen würde“, S. 27) sind neben der Begierde und Neugier bestimmende Merkmale seines Verhaltens. Mit der sexuellen Erfahrung nimmt seine Sicherheit als Person und seinem Körper gegenüber zu (S. 41), allerdings schreibt er dies Hanna zu („Ich staune, wieviel Sicherheit mir Hanna gegeben hat.“ S. 41). Er reagiert nicht mehr „wie ein Kind“ (S. 16), sondern wirkt auf Mitschüler, Lehrer und andere Erwachsene interessant, souverän und erfolgreich (S. 41, 70, 84). Gleichzeitig zeigt er in bestimmten Situationen ein völlig entgegengesetztes Verhalten. Hannas Wutausbrüchen begegnet er ratlos und erschrocken, weil diese nicht in sein bekanntes Verhaltensrepertoire passen. Wenn sie droht, sich ihm körperlich zu verweigern, ist er bereit, alle Schuld auf sich zu nehmen und sich zu erniedrigen. 

2.    Beschreibe die Person Hanna. Hanna ist Mitte dreißig, als Michael sie kennen lernt. Sie wird von ihm als attraktive, kräftige Person (S. 68, 14, 15 u. a.) mit fließenden, anmutigen, verführerischen (vgl. S. 18) Bewegungen geschildert. Ihr Gesicht kann er nur als „schön“ (S. 14) erinnern. Sie ist eine reife und erfahrene Frau. Dem Leser fällt im Zusammenhang mit Hanna die Ambivalenz ihres Verhaltens auf. Während sie auf der einen Seite hilfsbereit und zärtlich (S. 5, 33, 69) Michael gegenüber sein kann, ist sie auf der anderen Seite nicht nur ihm gegenüber kalt, herrisch, sogar grausam, unbeherrscht und brutal (S. 47, 50, 54, 115, 176, 202 u. a.). Sie ist ungewöhnlich sauber und gepflegt (eine Tatsache, die mit einer Kompensation ihrer Schuldgefühle in Verbindung gebracht werden kann) und gibt erst viel später, am Ende ihrer Haft, die disziplinierte Körperpflege auf. In vielen, sehr unterschiedlichen Situationen zeigt sie sich bestimmt und entschlossen (S. 5, 33, 36), in anderen wiederum unsicher, verwirrt, ratlos und verletzt (S. 185, 105, 76). Die Machtspiele, die sie mit Michael treibt, sind für diesen sehr erniedrigend und verletzend, gleichzeitig kommt es ihm so vor, „als leide sie selbst unter ihrem Erkalten und Erstarren. Als sehne sie sich nach der Wärme“ von Michaels „Entschuldigungen, Beteuerungen und Beschwörungen“ (S. 50). Sie ist beharrlich (S. 105), diszipliniert und scheut keine Arbeit (S. 36). Außerdem ist sie mit Sicherheit keine dumme Frau. Sie wird verschiedentlich zur Beförderung vorgeschlagen und soll Fortbildungskurse belegen. Auch ihr Interesse an und Verständnis von Literatur zeigt, dass sie eine recht kluge Frau ist. Unter diesen Voraussetzungen scheint es besonders unverständlich, dass sie Analphabetin ist.  Diese Schwäche muss  als Ursache für verschiedene Lebensentwicklungen gesehen werden. Die Furcht, sich in einem Fortbildungskurs als Analphabetin zu outen, veranlasst sie zur Aufnahme der Arbeit als Aufseherin im KZ bzw. zur Flucht aus Michaels Heimatstadt. Der konstante Kampf um das Vertuschen ihrer Schwäche erschöpft sie (S. 70), macht sie empfindlich, verletzlich, müde (S. 76, 157) oder führt zu aggressiven Verhaltensweisen, die sie aber gleichzeitig zum Weinen bringen (S. 54 f.). Ihr Analphabetismus (später kommt dazu noch die schuldbeladene Vergangenheit) führt dazu, dass sie sich vereinzelt und keine engen Beziehungen und Bekanntschaften eingeht. Auch Michael hält sie gezielt auf Distanz. Da sie nie gelernt hat, über ihre Schwächen zu reden, hat sie das „Gefühl, dass [sie] ohnehin keiner versteht, dass keiner weiß, wer [sie ist] und was [sie] hierzu und dazu gebracht hat“ (S. 187).

 

 

3.    Wie entwickelt sich das Ritual des Liebens?  In den nächsten Tagen schwänzt er regelmäßig die letzten Schulstunden, um sich mit Frau Schmitz zu treffen und sich dem Ritual des Badens und des sexuellen Verkehrs hinzugeben. Als Hanna – Michael hat inzwischen ihren Namen erfragt – aber erfährt, dass er ihretwegen die Schule versäumt, wird sie wütend und wirft ihn raus. Nur unter der Bedingung, dass er seine Arbeit macht, erlaubt sie ihm wiederzukommen. Die Verwirrung Michaels ist übergroß, er fragt sich, welche Rolle er für sie spielt („Was war ich für sie?“ S. 37), verspricht aber dann nach Kräften für den Schuljahresabschluss zu arbeiten. Dieses Versprechen hält er. Hanna zeigt sich an dem Lernstoff, besonders an Sprachen und Literatur interessiert und bittet Michael, ihr aus Texten vorzulesen. So ändert sich ihr tägliches Ritual zu einer Abfolge von Vorlesen, Duschen, miteinander Schlafen und beieinander Liegen. 

4.    Warum spielt Kapitel 10 eine so wichtige Rolle im weiteren Verlauf? In den Osterferien kommt es zum ersten großen Streit zwischen den beiden. Michael fährt am frühen Morgen mit der Straßenbahn, in der sie Dienst hat, steigt aber, da dies seiner Meinung nach „Privatheit, eine Umarmung, einen Kuss“ (S. 45) verspricht, in den leeren hinteren Wagen ein. Hanna ignoriert ihn während der Fahrt und wirft ihm später vor, er habe sie nicht kennen wollen. Michael ist verärgert, beleidigt, von ihrer Kälte irritiert und fühlt sich unfair behandelt. Dennoch ist er letztlich bereit, alle Schuld auf sich zu nehmen und zu gestehen, dass er „gedankenlos, rücksichtslos, lieblos gehandelt“ (S. 49) habe. Die einander widersprechenden Schuldbekenntnisse (S. 49) und die folgenden Reflektionen verdeutlichen jedoch, dass er in diesem „Machtspiel“ (S. 49) und auch in den folgenden Streitigkeiten nur „bedingungslos kapituliert“ (S. 50), um sich ihre Nähe und Zuneigung zu bewahren.

5.    In den Kapiteln 11 und 12 entwickelt sich die Liebesbeziehung zwischen Hannah und Michael. Beschrieben Sie diese Entwicklung. Während der mehrtägigen Fahrradtour, die die beiden unternehmen, kommt es zu einer eskalierenden Situation. Michael, dem Hanna die Bestimmung der Fahrradroute, die Auswahl der Gasthöfe zur Übernachtung und sogar der Speisen und Getränke überlassen hat, verlässt sie eines Morgens, als sie noch schläft, kurz, legt ihr aber einen Zettel hin. Als er zurückkehrt, findet er Hanna aufgebracht und „zitternd vor Wut, weiß im Gesicht“ (S. 54) vor. Ehe er etwas erklären kann, schlägt sie ihn mit ihrer Gürtelschnalle ins Gesicht, sodass seine Lippe blutet. Dann beginnt sie fassungslos zu weinen. Michael hat keine Erfahrungen mit einem solchen Verhalten („Ich wusste nicht, was tun. Bei uns zu Hause weinte man nicht so. Man schlug nicht, nicht mit der Hand und erst recht nicht mit einem Lederriemen. Man redete. Aber was sollte ich sagen?“ S. 55). Sie lieben sich schließlich, aber eine Erklärung erfolgt nicht, der Zettel mit der Nachricht ist verschwunden und er ist wieder bereit, die Schuld auf sich zu nehmen und das Ganze für ein Missverständnis zu halten. Dennoch erinnert sich Michael, dass der Streit ihr „Verhältnis zueinander inniger gemacht“ (S. 56) habe. Zum ersten Mal sieht er nämlich Hanna in ihrer Ohnmacht.

6.    Warum ist Kapitel 13 im ersten Teil ein "Einschnitt" (S. 63)? Mit dem neuen Schuljahr beginnt ein neuer Abschnitt für Michael. Durch die Auflösung der alten Klassen werden neue Bekanntschaften und Freundschaften mit Gleichaltrigen geknüpft. Auch Mädchen, wie z. B. seine Banknachbarin Sophie, spielen eine immer größere Rolle. Michael profitiert dabei aus seiner Beziehung zu Hanna, die ihm Reife und Erfahrenheit vermittelt hat. Er verbringt immer mehr Zeit mit seinen Freunden und genießt die „Leichtigkeit“ des „Redens, Scherzens, Spielens und Flirtens“ (S. 70 f.) besonders im Kontrast zur zeitweiligen schlechten Laune Hannas und zu ihrem ständigen Ausweichen auf seine Fragen nach ihrem Leben und ihrer Vergangenheit.

7.    S.67: "Der Sommer war der Gleitflug unserer Liebe". Beschreibe diese Entwicklung. Den Sommer bezeichnet er als „den Gleitflug“ (S. 67) seiner Liebe zu Hanna und nimmt damit die Gefährdung und das Ende der Beziehung vorweg, betont aber gleichzeitig das Beglückende. Ihr Zusammensein ist weiterhin durch das gewohnte Ritual bestimmt: Michael liest vor, bevor sie sich duschen und lieben; gemeinsam besuchen sie einmalig das Theater in der Nachbarstadt. Auch wenn er sich dort, wo die beiden nicht bekannt sind, durch Gestik und Verhalten frei zu ihr bekennt, wird immer deutlicher, dass der Beziehung die tragende gemeinsame Basis fehlt („Wir hatten keine gemeinsame Lebenswelt, sondern sie gab mir in ihrem Leben den Platz, den sie mir geben wollte.“ S. 75). Michael entdeckt, dass er seinen Freunden gegenüber die Existenz Hannas und die Bedeutung, die sie für ihn hat, verschweigt. Er bezichtigt sich deswegen des Verrates an Hanna, wobei er sich auf der Skala ‚verschweigen – verleugnen – verraten’ eindeutig zur Schuld bekennt.